Isabella Tautscher – Von Flöhen und Gastfreundschaft

Ich heiße Isabella Tautscher, bin 23 Jahre alt und lebe (mit Unterbrechungen) in Wien. Gemeinsam mit Support Ethiopia war ich vom 04.03. bis 06.04.2016 in Ano Taji, Äthiopien.

In Österreich studiere ich Wirtschaft, der Klassiker 😉 Nach spannenden vier Jahren an der WU habe ich letzten Sommer mein IBWL Bachelorstudium abgeschlossen und werde kommenden Herbst mit dem CEMS Master in International Management anfangen. Dazwischen habe ich mir ein Jahr freigehalten um zu reisen und Praktika in den verschiedensten Ländern und Branchen zu machen – die beste Entscheidung meines Lebens!

Von Anfang an war die Äthiopienreise ein fester Bestandteil meines „Gap years“. Ich liebe es in fremde Kulturen einzutauchen und all ihre Facetten kennen zu lernen, und habe mittlerweile in fünf verschiedenen Ländern, darunter auch in Brasilien und Marokko, gelebt. Afrika interessiert mich schon lange, weshalb ich die Idee ein Monat lang bei einer einheimischen Familie im Busch Äthiopiens zu leben irrsinnig spannend fand!

Wenn man mein 14-jähriges Ich gefragt hätte was ich später machen wollen würde, kam die Antwort: „Entwicklungshilfe!“, und obwohl sich mein Leben dann doch in ganz anderen Bahnen entwickelt hat, hat mich die Idee Menschen in unterentwickelten Ländern zu helfen nie ganz losgelassen. Zu Support Ethiopia kam ich durch einen Zufall bevor es den Verein als solchen überhaupt gab. Irgendwann im Sommer 2014 sah ich auf Facebook Thomas’ Fotos von seinem ersten Äthiopienaufenthalt. Ich suchte zu diesem Zeitpunkt selbst nach einem ähnlichen Projekt, fand aber nichts wirklich passendes. Neugierig geworden, kontaktierte ich Thomas und wenig später kam ein Treffen zustande bei dem er mir von seiner Idee erzählte, Anno zu unterstützen. Ich war sofort begeistert von dem Projekt und ehrlich beeindruckt von dem Engagement des damals 18-jährigen. Dementsprechend wollte ich so gut es ging helfen und meine gesammelten Erfahrungen einbringen um den Verein Support Ethiopia mitaufzubauen.
Für mich persönlich habe ich dadurch eine Organisation gefunden, die meinen Erwartungen von Sinnhaftigkeit und Transparenz entspricht und in der ich in den verschiedensten Bereichen mitgestalten kann. Es gefällt mir bei so einem jungen Verein mit dabei sein zu dürfen, da ich mich und meine eigenen Fähigkeiten gut einbringen kann und gleichzeitig in viele neue Gebiete reinschnuppere. Ich lerne nicht nur laufend dazu, ich bin auch des Öfteren über mich hinausgewachsen, da ich oft Aufgaben erfüllen musste, die ich mir selbst davor nicht zugetraut hätte.

Aber nun wieder zurück zur Äthiopienreise 😉 Was meine Erwartungen angeht, wollte ich zum einen natürlich endlich die Menschen kennenlernen, für die wir nun über ein Jahr gearbeitet hatten, und zum anderen wollte ich die Resultate dieser Arbeit sehen und vorantreiben, sprich beim Bau der Zisternen dabei sein und mithelfen. Außerdem wollte ich mir selbst ein Bild von den Umständen in Äthiopien machen, vom täglichen Leben und den Problemen. Abgesehen davon habe ich versucht die Reise mit so wenig Erwartungen wie möglich anzutreten, vor allem hinsichtlich Unterbringung und den Aufgaben vor Ort.

Mein erster Eindruck galt vor allem den Äthiopiern und wie überaus herzlich und zuvorkommend sie sind! Und das trotz all der Armut und dem Elend! Denn das darf man keinesfalls beschönigen. Äthiopien ist bis heute eines der unterentwickeltsten Länder der Welt, mit Lebensbedingungen, die vielfach denen der Steinzeit ähneln, und mit wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Ich habe schon öfter in Entwicklungsländern gelebt und vor allem das letzte Jahr über viel Armut in den verschiedensten Teilen der Erde mitbekommen. Und doch fand ich es in Äthiopien oft härter als sonst, während diesem Monat mit der ständigen Begleitung von Flöhen, ohne sauberem Wasser, ohne Elektrizität, wo man jeden Abend am Feuer geräuchert wird und seine Wäsche am mehr oder weniger sauberen Fluss wäscht. Trotz allem sind die Menschen so ausgesprochen positiv und optimistisch. Das finde ich wirklich bewundernswert.
Auch wir selbst gewöhnten uns erstaunlich schnell an all diese Umstände. Woran ich mich aber nur schwer gewöhnen konnte waren die Kommunikationsschwierigkeiten. Für gewöhnlich spreche ich die Amtssprache oder komme mit Englisch gut durch, doch im ländlichen Äthiopien, wo oft die Englischlehrer kaum Englisch sprechen, war die Kommunikation meist sehr schwierig. So kam es leider oft zu Missverständnissen, viele Fragen blieben unbeantwortet und es war schwierig die Menschen näher kennenzulernen. Das finde ich sehr schade! Sollte ich tatsächlich noch öfter nach Äthiopien reisen, wäre es wohl nicht schlecht ein bisschen Afan Oromo zu lernen 😉


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Abgesehen von den harten Lebensbedingungen, habe ich auf dieser Reise vor allem äußerst positive, ganz einzigartige Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel waren wir bei einer Hochzeit dabei, die sich selbst an Traditionen und Bräuchen übertroffen hat. Vom oromischen Tirri-Tanz bis zu uralten Butterzeremonien hat es dort an nichts gefehlt. Selbst wenn ich jetzt noch darüber nachdenke kann ich kaum fassen, dass wir das miterleben durften, nicht als Touristen, sondern als Gäste, die selbst mittanzen und Teil der Gesellschaft sind.
Außerdem war wohl jeder Markttag ein Erlebnis, mit dem ganzen Getümmel und den „Ferenji“-Schaulustigen, ebenso wie jedes Frühstück, bei dem die Hühner für Unterhaltung sorgten, jeder Tag an der Zisterne, wo wir gemeinsam mit den Äthiopiern gegraben und Schutt aus dem Loch gezogen haben und jeder Abend ums Feuer, an dem wir gemeinsam getanzt und gesungen haben.
Eine Szene die mir auf jeden Fall besonders in Erinnerung geblieben ist war die Diskussion mit einer Versammlung von Dorfältesten, Lehrern und dem Bauleiter darüber wie groß das Loch für die Zisterne werden soll und wie sich die Dorfbewohner beteiligen können. Bei so einer Debatte als einzige Frau erfolgreich herauszukommen ist gar nicht so einfach, und doch hat es funktioniert. Das war wohl das erste Mal im Leben dieser Dorfältesten, dass sie sich von einer Frau etwas sagen lassen mussten.

Alles in allem war dieser Monat wohl eine der einzigartigsten, einprägsamsten Erfahrungen meines Lebens. Es hat mich viel gelehrt, viel zweifeln lassen und mich noch einmal daran erinnert, wie gut wir es in Österreich eigentlich haben. Wir vergessen das leider allzu oft. Auf der anderen Seite habe ich auch auf ein Neues gelernt, dass es nicht nur Komfort und Wohlstand sind die einen glücklich machen.

Gleichzeitig denke ich, dass wir uns von den Äthiopiern einiges mitnehmen können. Wie bereits erwähnt habe ich selten so aus tiefstem Herzen freundliche, aufgeschlossene Menschen erlebt wie hier und vor allem die Gastfreundschaft der Äthiopier finde ich wirklich bemerkenswert. Egal wo wir hinkamen, ob in Addis Abeba oder im Busch, wir wurden immer und überall herzlichst empfangen, und ununterbrochen eingeladen, oft von wildfremden. Die Äthiopier öffneten uns bereitwillig und mit strahlenden Lächeln ihre Türen, umsorgten uns bis uns die Mägen platzten mit Essen, und das obwohl sie oft nicht einmal für ihre eigenen Familien genug haben.
Wie kann es sein, dass uns eben diese Gastfreundschaft in Österreich oft so schwer fällt, wo es uns doch so gut geht, und wir so viel haben, das wir teilen könnten? Wieso dieses Misstrauen, diese Verlustängste?

Abschließend kann ich jedem Menschen nur empfehlen, Äthiopien oder ein ähnliches Land zu besuchen, sich dadurch aus seiner Komfortzone hinauszutrauen und seine Perspektive zu verändern. Mich persönlich hat diese Reise auch aufs Neue motiviert aktiv bei Support Ethiopia mitzuhelfen und so den Menschen zu helfen, die ich in diesem Monat kennen und lieben lernen durfte. Ich stehe voll und ganz hinter unserem Projekt und hoffe, dass wir so unseren Teil beitragen können zu einer besseren Wasserversorgung und dadurch zu einem besseren Leben in Äthiopien.

1 thought on “Isabella Tautscher – Von Flöhen und Gastfreundschaft

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